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Februar 2021:Offener Brief

an die Otto-von-Guericke-Universität zur Zusammenarbeit mit Frontex

(english version below)

Sehr geehrter Herr Rektor Prof. Strackeljan,
sehr geehrtes Rektorat,
sehr geehrter Senat,
sehr geehrte Mitarbeitende der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,
sehr geehrte Fakultät für Informatik,
sehr geehrte Studierendenschaft,

am Freitagabend veröffentlichte der Fernsehmoderator Jan Böhmermann in seiner Sendung die so genannten “Frontexfiles”. In den Dokumenten werden Lobbyist*innen-Treffen zwischen der EU-Grenzschutzagentur “Frontex” mit verschiedenen Unternehmen und Institutionen offengelegt. Mit Erstaunen mussten wir feststellen, dass am 9. und 10. Oktober 2019 auch Vertreter*innen der Otto-von-Guericke-Universität auf der “International Conference on Biometrics for Borders” anwesend waren, insbesondere das Institut für Technische und Betriebliche Informationssysteme. Die OVGU ist nicht im Transparenzregister der EU registriert und Frontex leugnet die Zusammenarbeit mit Akteur*innen, die dort nicht angezeigt sind. Aus diesem Grund fragen wir uns, warum die Zusammenarbeit nicht transparent gemacht wurde und wie es generell sein kann, dass Forschungsergebnisse Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die erwiesenermaßen an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind.

Grenzgewalt? Otto macht's möglich

Die Agentur Frontex besitzt innerhalb der EU lediglich ein Mandat für das sogenannte Grenzmanagement und hat keine exekutive Berechtigung zur Ausübung von Gewalt, die durch die EU oder einzelne Staaten legitimiert wäre. Dennoch ist in den vergangen Monaten mehrfach von NGOs, wie zum Beispiel Mare Liberum, oder durch investigativen Journalismus aufgezeigt worden, dass die Agentur u.a. völkerrechtswidrige Pushbacks in der Griechischen Ägäis durchführt. Die Kritik an Frontex ist nicht neu – so steht Fontex beispielsweise auch für seine zweifelhafte Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache im zentralen Mittelmeer in der Kritik. Frontex rüstet diese auf und hilft ihr bei der Koordinierung der Einsätze, bei denen flüchtende Menschen in das Bürgerkriegsland Libyen zurückgeführt werden, in dem ihnen nachweislich – durch die Internationale Organisation für Migration (IOM) bestätigt – Folter und Misshandlung drohen. Befinden sich die Menschen in internationalen Gewässern in Seenot, so reagiert Frontex selten bis gar nicht, obwohl die Rettung von Menschenleben in ihren Aufgabenbereich fällt. 

Frontex verweigert seit Monaten die Aufklärung durch externe Kontrollinstanzen oder-institutionen. Eins ist allerdings klar: Dass Frontex sich an Pushbacks und der Rückführung von Flüchtenden beteiligt, verstößt gegen internationales Recht – wie z.B. gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Menschenrechtskonvention und Internationales Seerecht. 

Zusammenfassend lässt sich über die europäische Grenzschutzagentur klar sagen, dass sie Teil eines menschenverachtenden Abschottungssystems der EU ist, welches die jedem bekannten Bilder des Leids, des Elends und des Sterbens an unseren Grenzen nur weiter reproduziert.  Problematisch ist außerdem, dass Frontex jegliche Zusammenarbeit mit Lobby-Gruppen und anderen Akteur*innen leugnet, die nicht im EU-Transparenzregister aufgeführt sind. Dieses Verhalten wirft natürlich zusätzliche Zweifel an der Legalität der Arbeit der Agentur auf. 

Wir als Seebrücke Magdeburg sind zutiefst schockiert über eine derartige und zudem noch intransparente Teilhabe der OVGU an einem solchen Treffen mit Frontex. Es spricht gegen den Grundsatz der Internationalität und der Weltoffenheit, den diese Universität nach außen in die Welt trägt. Wir sind fassungslos darüber, dass an der Universität, an der viele unserer Mitglieder studieren oder arbeiten, Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe “Multimedia and Security“ der Fakultät für Informatik für die Unterstützung einer solchen Agentur zur Verfügung gestellt werden. 

Wir fordern eine sofortige Aufklärung darüber, wie es zu der Teilnahme an der Konferenz kommen konnte, was die damit verbundene Intention des Forschungsprojekts ANANAS war und eine Klarstellung darüber, ob eine weitere Zusammenarbeit der Fakultät für Informatik mit Frontex stattgefunden hat. Wir wüssten außerdem gerne, wie die Universitätsleitung zu den erhobenen Vorwürfen  gegen das Forschungsprojekt ANANAS steht und welche Konsequenzen die Zusammenarbeit mit Frontex haben wird. Wenn eure Fachschaft, Fachschaftsrat, Professor*innen oder Organisation den Offenen Brief unterschreiben will, meldet euch über unsere Social Media Kanäle oder über magdeburg@seebruecke.org.  

Mit freundlichen Grüßen

Seebrücke Magdeburg  

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Unterschreibende

Fachschaft European Studies

Fachschaftsrat Fakultät Naturwissenschaften

Studierendengremium Peace and Conflict Studies

Bündnis Studierende gegen Rechts

Offene Linke Liste

Politfoo- Hochschulgruppe

Fak. Ing.humans HSG

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