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Wir treffen uns immer Mittwochs um 18:30 Uhr zum Plenum. Weitere Infos und den Plenumsort erhälst du gern auf Nachfrage.
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Wir freuen uns auf dich!
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See you soon!
Wegweiser
Jährlich sterben tausende von Menschen bei der Flucht über die tödlichste Grenze der Welt: das Mittelmeer. Im Jahr 2022 sind mindestens 1913 Menschen im Mittelmeer ertrunken - für 2023 ist die Tendenz steigend. Die EU und ihre Mitgliedstaaten beharren um jeden Preis auf ihrer Abschottungspolitik und nehmen diese Tode dabei billigend in Kauf. Die zuständigen Behörden (z.B. Frontex) ignorieren Hilferufe, schauen kenternden Booten zu, ohne einzugreifen, oder führen gar illegale Pushbacks durch. Das bedeutet, dass sie die Boote zurück in nicht europäische Gewässer drängen und die Menschen dort in Seenot zurücklassen. Anstelle von eigenen Programmen zur Rettung von Menschen auf dem Mittelmeer kriminalisiert und erschwert die EU die zivile Seenotrettung und finanziert beispielsweise die libysche Küstenwache. Menschrechtsorganisationen und Expert*innen berichten seit langem, dass die lybische Küstenwache nur finanziert wird, damit sie Angst und Schrecken unter Geflüchteten verbreitet und diese mit Gewalt an der Überfahrt hindert. Der Name "Küstenwache" allein ist eine schreckliche Beschönigung. In Lybien werden Geflüchtete gefoltert und als "Sklav*innen" verkauft. Die EU ist beim Sterben im Mittelmeer und der Gewalt durch die lybische Küstenwache nicht bloß Mitwisserin, sondern auch Mittäterin.
Im Jahr 2020 verhängte die EU gegen Belarus und dessen Machthaber Alexander Lukaschenko verschiedene Sanktionen, weil dieser Proteste nach seiner Präsidentschaftswahl brutal niederschlug. Um auf diese Sanktionen zu reagieren, fasste Lukaschenko einen niederträchtigen Plan: Im Sommer 2021 ließ er tausende flüchtende Menschen - überwiegend aus dem Nahen Osten - nach Belarus einfliegen. Er machte ihnen Versprechungen, dass sie von dort über Polen in die EU gelangen könnten. Lukaschenko nutzte diese Menschen als Druckmittel gegen die EU: So lange die Sanktionen bestehen bleiben, würde er immer mehr Menschen an die Grenze bringen. Polen und die EU reagierten auf die schutzsuchenden Menschen an ihrer Außengrenze mit brutaler Abschottung: Mit einem Budget von 366 Millionen Euro wurde ein Grenzzaun errichtet, Soldaten patrouillieren bis heute an der Grenze und verhindern den Grenzübertritt der Menschen mit allen Mitteln. Es gibt Berichte von zahlreichen brutalen Übergriffen und gewaltsamen und zudem rechtswidrigen Pushbacks nach Belarus. Von belarussischer Seite werden die Schutzsuchenden wiederum gewaltvoll in Richtung der polnischen Grenze gedrängt. Für die Betroffenen ist es bis heute eine aussichtslose Situation unter katastrophalen Bedingungen: Gefangen in dem zur Sperrzone erklärten Grenzgebiet haben sie weder Wasser, Nahrung, Obdach, noch medizinische Betreuung. Im Winter 2021/22 sind mindestens 20 Schutzsuchende an der Grenze erfroren hunderte gelten bis heute als vermisst. Immer wieder gibt es Berichte von massiver Misshandlung durch polnische und belarussische Grenzbeamte. Die polnisch-belarussische Grenze ist damit ein grausames Beispiel dafür, wie unschuldige Menschen von Politiker*innen als Verhandlungsmasse und Druckmittel eingesetzt werden.
Brüssel ist der Hauptsitz der EU-Institutionen. Von hier aus entscheiden der Rat, die Kommission und das Parlament über den Umgang mit Immigration und über Vorschriften für das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), die dann in den Mitgliedstaaten der EU umgesetzt werden müssen. Das Asylsystem der EU ist dabei seit Jahren völlig unzureichend und menschenrechtswidrig. Die Dublin-III-Verordnung legt zur Aufnahme Schutzsuchender fest, dass Menschen in dem Mitgliedstaat Asyl beantragen müssen, in dem ihr Grenzübertritt in die EU erfolgt ist. Das führt dazu, dass in den äußeren Staaten der EU, wie etwa Griechenland, überdurchschnittlich viele Menschen Asyl beantragen. Die mangelnde Aufnahmebereitschaft und unsolidarische Lastenteilung der europäischen Staaten wirkt sich katastrophal auf die schutzsuchenden Menschen aus. Überfüllte Lager wie auf Lesbos machen deutlich, dass die Außengrenzstaaten der EU einerseits überfordert und von den anderen Mitgliedstaaten alleingelassen sind, und andererseits gezielt darauf setzen, durch die katastrophalen Bedingungen in den Lagern weitere Flüchtende abzuschrecken.
Die Abschottungspolitik der EU soll nun durch eine erneute Verschärfung des Asylsystems, die sogenannte „GEAS-Reform“, legitimiert werden. Um Menschen gar nicht erst in die EU lassen zu müssen, sollen die Asylverfahren an die Außengrenzen verlagert werden. Bis zum Ende ihres Asylprozesses sollen unschuldige, schutzsuchende Menschen in Grenzlagern inhaftiert werden. Das gilt auch für Familien mit Kindern. Dass das individuelle Recht eines jeden Menschen auf Asyl in den beschleunigten Verfahren wirklich zureichend geprüft werden kann, ist höchst unwahrscheinlich. Stattdessen werden Drittstaaten und Herkunftsländer pauschal als sicher erklärt und die Menschen dorthin abgeschoben. Individueller Verfolgung, etwa aufgrund sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder sexualisierter Gewalt, wird dabei überhaupt nicht Rechnung getragen. Die EU ist mit allen Mitteln bereit, ihren Wohlstand zu sichern. Die Menschen, die durch ihre Arbeit im globalen Süden maßgeblich den Wohlstand in Europa produzieren, werden immer härter ausgeschlossen, wenn sie versuchen für sich selbst und ihre Familien ebenfalls versuchen diesen Wohlstand zu erreichen.
Im Winter 2020 brach ein Brand im Erstaufnahmelager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aus. Schnell wurden von griechischen Regierung mit Unterstützung durch die EU neue Lager errichtet, darunter das als Moria 2.0 bekannte Camp auf der Insel Samos. In dem Camp gibt es Baracken und Zelte, in denen die Menschen untergebracht werden. Es gibt zu wenig Platz, keine Privatspähre, mangelhafte Sanitäranlagen, die Unterbringung ist menschenunwürdig. Die Menschen sind in der Zeltstadt dem Wetter ausgeliefert. Das Camp ist umgeben von hohen Stacheldrahtzäunen. Geflüchtete, die in dem Camp untergebracht sind, können es nur tagsüber mit einer Chipkarte verlassen. Die nächste Stadt ist zu Fuß drei Stunden entfernt, der Bus kostet 1,60. Der Ticketpreis ist für die Geflüchteten, die im Monat 75 Euro erhalten, nicht leistbar. In Moria 2.0 entgeht nichts dem Sicherheitspersonal; über 250 Überwachungskameras, etliche Röntgenbildscanner, Wärmbildkameras und Drohnen sind im Einsatz, um die eingesperrten Menschen zu kontrollieren.
Viele Menschen verbringen mehrere Jahre dort, in denen sie auf die auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warten. Wenn Menschen sich nicht an die Ausgangssperre halten oder sonst verdächtig wirken, werden sie in den "Prokekas" inhaftiert. Ein einfaches Verletzten der Ausgangssperre kann zu 5 Tagen Haft führen. Die griechischen "Prokekas" werden schon jahrelang vom Anti-Folter-Kommitee des Europarates kritisiert.
Dieser gewaltvolle Ort darf nicht weiter existieren, genauso wie alle anderen Camps und Lager überall auf der Welt. Wir fordern: No more Camps!
Im Migrationsamt Bremen wird über Asylanträge und somit die Bleibeperspektive von geflüchteten Menschen entschieden. Geflüchtete sind dem langwierigen und komplizierten Prozess einer Antragsstellung ausgeliefert. Sie haben allen Anweisungen der Behörde zu folgen, solange das Verfahren läuft. Sie dürfen während des Asylverfahrens nicht arbeiten und sich nicht frei bewegen. Ohne eine gute Rechtsberatung ist ein Asylverfahren extrem unübersichtlich. Asylverfahren können bis zur finalen Entscheidung 3 Jahre dauern, manchmal auch länger. Über die gesamte Zeit kann bei den Geflüchteten, die vor extremen Leid geflohen sind kein Prozess der Verarbeitung oder Ruhe einkehren. Ständig bleibt die Angst davor, wieder abgeschoben zu werden. Zudem kriegen die Geflüchteten alltäglich die Kälte und den Rassismus deutscher Behörden zu spüren. Es ist ein Menschenrecht, dass einem auf der Flucht geholfen wird. Dennoch erweckt das Migrationsamt nicht den Eindruck, es wolle Menschen helfen. Stattdessen wird versucht, Geflüchtete einzuschüchtern, loszuwerden und Protest gegen die Zustände zu unterbinden.
Das Migrationsamt ist der Ort, an dem das rassistische Asylrecht Deutschlands und der EU in die Tat umgesetzt wird.
Im Polizeipräsidum in der Vahr befindet sich der Abschiebungsgewahrsam Bremens. Abschiebung bedeutet, das Menschen, deren Bleiberecht in Deutschland nicht mehr besteht, in ihr Herkunftsland oder ein "sicheres Drittland" gebracht werden. Das passiert unter Zwang und ungeachtet davon, wie es den Menschen in anderen Ländern ergehen wird.
In einem Abschiebeknast werden Geflüchtete inhaftiert, wenn der Staat vermutet, dass die Person vor der Abschiebung fliehen will. Dafür würde schon eine Aussage wie "Ich will nicht abgeschoben werden" reichen. Eine Haft kann bis zu 18 Monate dauern. Menschen in Abschiebehaft werden eingesperrt, ohne ein Verbrechen begangen zu haben.
Häufig sind in Abschiebeknästen "Refugees in Orbit" inhaftiert. Das sind Geflüchtete, die staatenlos sind, keine Papiere besitzen oder durch die Raster von verschiedenen Asylsystemen fallen. Die EU- und Drittstaaten schieben die Geflüchteten jahrelang immer wieder hin und her. Sie haben nirgendwo eine Bleibeperspektive.
Der Abschiebeknast in Bremen wird aktuell (Stand Juli 2023) nicht vom Land Bremen genutzt. Das Land Bremen vermietet die Räume an andere Bundesländer. Diese Bundesländer zahlen Geld an das Land Bremen, um hier Geflüchtete inhaftieren zu lassen, bis sie abgeschoben werden. Bremen verdient so Geld mit der Freiheitsberaubung Geflüchteter.
Abschiebungen und Abschiebeknäste sind die hässlichen Gesichter unseres unmenschlichen Asylsystems.