- Lokalgruppen
- >Deutschland
- >Baden-Württemberg
Mitmachen
Du hast Interesse an der Seebrücken-Arbeit? Du verfolgst das Geschehen im Mittelmeer und fragst dich, was du persönlich tun kannst? Oder du möchtest einfach mal hören und schauen, was so der Stand der Dinge ist, wer bei uns dabei ist und an was wir aktuell arbeiten und was wir planen? Dann melde dich bei uns und schließe dich der Bewegung an! (:
Das Plenum findet alle zwei Wochen Mittwochs um 19 im 'roten Stern' in Gewerbehof Karlsruhe – Meldet euch gerne bei Interesse per Mail oder schreibt uns bei Instagram!
Unsere Spendenkampagne "Karlsruhe für Seenotrettung"
Seit 2014 sind über 28.000 Menschen, beim Versuch über das Mittelmeer zu fliehen, gestorben oder werden vermisst. Anstatt diese Situation zu ändern, wird seit 2019 die staatliche Seenotrettung ausgesetzt, die zivile Rettung behindert und teilweise kriminalisiert. In Zusammenarbeit mit autoritären Staaten rings um das Mittelmeer und den libyschen Bürgerkriegsmilizen werden Flüchtende rechtswidrig in Herkunfts- und Transitländer zurückgeschoben und einer ungewissen Zukunft ausgesetzt. Wir wollen dem Sterben im Mittelmeer nicht länger tatenlos zusehen.
Als Bürger:innen, Organisationen und zivilgesellschaftliche Initiativen in Karlsruhe rufen wir auf zur Spendenkampagne "Karlsruhe für Seenotrettung"! Initiiert wurde die Kampagne durch die Seebrücke Karlsruhe. Mit unserer Kampagne möchten wir die Organisation SARAH Seenotrettung unterstützen. SARAH steht für Search and Rescue for all Humans – Seenotrettung für alle Menschen. SARAH Seenotrettung ist eine zivile Seenotrettungsorganisation aus Baden, die sich der Rettung von Menschen auf dem Mittelmeer verschrieben hat und zu diesem Zweck eine ehemalige Luxusyacht zum Rettungsschiff umgerüstet hat. Das Besondere daran:
Die SARAH ist eines der schnellsten Rettungsschiffe in der zivilen Flotte. Die hohe Geschwindigkeit ermöglicht es, rechtzeitig bei den Menschen zu sein um Hilfe zu leisten und illegale Rückführungen zu verhindern. Im 21.Juli 2024 startet SARAH Seenotrettung mit ihrem Schiff SARAH zu ihrer ersten Rettungsmission.
Eine Rettungsmission mit 12-köpfiger ehrenamtlicher Crew kostet insgesamt etwa 35.000 Euro. Darin sind enthalten:
Crew-Reisekosten: 3.000 Euro
Crew-Verpflegung: 3.000 Euro
Gaste-Verpflegung: 2.000 Euro
Medizin: 1.000 - 1.500 Euro
Diesel: 20.000 Euro (steuerfrei)
Kleine Reparaturen: 3.000 Euro
Anteilige Hafenliegegebuhr und Haftpflicht: 1.700 Euro
Die Stadt Karlsruhe hat sich 2019 zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärt und damit ihre Bereitschaft bekundet, aus Seenot gerettete Menschen aufzunehmen. Im Gegensatz zu anderen Kommunen unterstützt die Stadt Karlsruhe noch keine Seenotrettungsorganisation. Mit dieser Kampagnen können wir, die Karlsruher Bürger:innen, ein Zeichen setzen und SARAH Seenotrettung bei ihrer Mission unterstützen und appellieren gleichzeitig an die Stadt Karlsruhe, dasselbe zu tun!
Hier kannst du unsere Spendenkampagne
und die Arbeit von SARAH unterstützen:
https://www.betterplace.org/de/fundraising-events/47122-karlsruhe-fuer-seenotrettung-spendenkampagne
Bei Fragen zur Spendenkampagne wendet euch bitte an: karlsruhe-fuer-seenotrettung@seebruecke.org
Wegweiser
Die Abschiebungshafteinrichtung in Pforzheim befindet sich in der Oststadt innerhalb eines Wohngebietes. Zweck der Einrichtung ist die Verwahrung von geflüchteten Menschen bis zur Abschiebung. Die Haftanstalt wird geführt durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, das landesweit für die Durchführung von Abschiebungen sowie für den Vollzug der Abschiebehaft zuständig ist(1).
Abschiebehaft stellt eine freiheitsentziehende Maßnahme und einen schweren Eingriff in die Grundrechte dar! Angewandt wird sie gegen sogenannte ausreisepflichtige Ausländer mit der Begründung, ein Untertauchen verhindern zu wollen. Die Abschiebehaft muss von einem Gericht angeordnet werden und kann im Extremfall bis zu 18 Monate betragen. Auch Minderjährige, Familien mit minderjährigen Kindern, Schwangere und kranke Personen können von Abschiebehaft betroffen sein(2)!
In den letzten Jahren wurde immer wieder heftige Kritik an der Unterbringung in der Abschiebehaft Pforzheim geäußert. Kritisiert wurden die gefängnisähnlichen Haftbedingungen, der erschwerte Zugang zu Unterstützung und Beratung, die fehlende psychologische und medizinische Betreuung sowie Einschränkungen der freien Religionsausübung(3). Im März 2022 befanden sich einige Häftlinge sogar im Hungerstreik. Sie berichteten über gewaltsame Übergriffe und Beleidigungen seitens des Vollzugspersonals sowie den Entzug von dringend benötigten Medikamenten(4).
Der Anwalt Peter Fahlbusch, welche bis 2022 rund 2.250 Menschen in Abschiebehaft vertreten hat, äußerte gegenüber Pro Asyl, dass etwa 50% seiner Mandant:innen zu Unrecht in Haft waren! Zum Teil werden Menschen inhaftiert, die nicht ausreisepflichtig sind, teilweise besteht kein Haftgrund oder die Menschen sind aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht haftfähig(4,5) Außerdem sind die Abschiebungen i.d.R. sehr gewaltvoll und traumatisierend für die Geflüchteten(6)!
Hinter jeder Abschiebung steckt ein Mensch mit einer eigenen Geschichte. Ein Mensch, der durch die Abschiebepolitik systematisch entwürdigt und entrechtet wird! Abschiebungen sind für die Betroffenen und deren Umfeld mit großer Angst, Verzweiflung und Gewalt verbunden.
Zum Nachlesen
2022 wurden 12.945 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben – etwa acht Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. 4.158 von ihnen wurden im Rahmen der Dublin-III-Verordnung in einen anderen EU-Mitgliedstaat überstellt. Auch Baden-Württemberg weist gestiegene Abschiebezahlen auf, insgesamt 1654 Menschen. Das häufigste Herkunfts- und Zielland ist Nordmazedonien (207), das zweithäufigste Zielland Italien (127), gefolgt von Gambia (87), Georgien (84), Pakistan (83) und Nigeria (81)
Abschiebungen nach Mazedonien oder Kosovo finden überwiegend vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden statt. Als Abschiebung bezeichnet man eine staatliche Zwangsmaßnahme, nachdem ein Asylantrag abgelehnt wurde und die Person ausreisepflichtig geworden ist. Sie können als Einzel- oder Sammelabschiebung in Charter- oder Linienflügen stattfinden. Die Abschiebungen sind mit hohen Kosten für Charterflüge, mitfliegendes medizinisches Personal oder Sicherheitsbegleitung verbunden (s. kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 24.02.2023).
Für die Durchführung und Begleitung der Abschiebung ist die Bundespolizei zuständig. Nicht selten wird die Abschiebung unter Anwendung von unmittelbaren Zwangsmaßnahmen durchgeführt.
Abschiebungen stellen eine physische und psychische Belastung für die Betroffenen, insbesondere für Kinder und Jugendliche, dar und führen oftmals zu (Re-)Traumatisierungen.
Quellen und weitere Infos:
Seit Langem ist eine möglichst vollständige Abwehr und Abschreckung von Geflüchteten der gemeinsame Nenner der EU-Asylrechts- und -Grenzpolitik. Um aber Menschen, die vor Krieg, Hunger, Verfolgung und Unterdrückung fliehen, wirksam abzuschrecken, muss man ihnen mit vergleichbaren Schreckensszenarien drohen. Deshalb werden absichtlich lebensgefährliche und tödliche Zustände an den EU-Außengrenzen geschaffen und es wird versucht, den Geflüchteten fundamentale Menschenrechte vorzuenthalten.
Anstelle einer funktionierenden zivilen Seenotrettung im Mittelmeer wurde die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX geschaffen. Diese unterstützt die Grenzstaaten mit Luftaufklärung und Patroulien zur See bei der Flüchtlingsabwehr und beteilgt sich auch an illegalen Pushbacks in Griechenland, Kroatien, Polen und Ungarn. An europäischen Außengrenzen kommt es immer wieder zu Gewalttätigkeit durch Grenzbeamte bis hin zum Schusswaffengebrauch und zu unterlassener Seenotrettung.
Mit autoritär regierten Staaten wie der Türkei oder Marokko und auch Staaten der Sahelzone bestehen Vereinbarung zur Behinderung und Abwehr von Geflüchteten. Im Juni 2023 vereinbarten die EU-Kommission und hochrangige EU-Politiker mit der tunesischen Regierung neue Finanzhilfen in Höhe von 900 Millionen €, geknüpft an Maßnahmen zur Behinderung von Migration. Wenige Tage später begannen in Tunesien Pogrome gegen Geflüchtete, die zum Teil sogar ohne Nahrung und Wasser in Wüstenregionen vertrieben wurden.
Weitere Verschärfungen der Abwehr Geflüchteter auf EU-Ebene sind geplant: Im Juni 2023 einigten sich die EU-InnenministerInnen auf eine "Reform" des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Danach soll zur Regel werden, was bisher schon auf griechischen Ägäisinseln (Lesbos, Kos etc) praktiziert wird:
Asylsuchende sollen an der EU-Außengrenze in Lagerhaft genommen werden, während der sie -fiktiv- als nicht eingereist gelten. 4 Monate Lagerhaft sollen dafür möglich sein, gefolgt von bis zu 18 Monaten zum Vollzug einer Abschiebungsanordnung. Die Erfahrung zeigt, dass der Rechtsschutz für Geflüchtete in den griechischen Lagern extrem behindert wird und von Nicht-Regierungsorganisationen erkämpft werden muss.
Es soll das Prinzip gelten, dass Geflüchtete ohne weitere Prüfung ihrer Fluchtgründe in sogenannte "sichere Drittstaaten" abgeschoben werden. Nach diesen Plänen würde zum Beispiel eine vor den Taliban aus Afghanistan geflohene Frau mit ihren Kindern bis zu zwei Jahre in Lagerhaft genommen oder abgeschoben werden, weil sie aus einem vermeintlich sicheren Drittstaat (der Türkei!) eingereist ist.
Die EU-Staaten können sich, wie in der Vergangenheit auch, weiterhin nicht auf ein gemeinsames Aufnahmeverfahren einigen. Stattdessen bleiben die Staaten an den Außengrenzen weiterhin alleine für die Asylverfahren zuständig.
Wir schließen uns den Forderungen von Pro Asyl an:
– Keine Auslagerung des Flüchtlingsschutzes an Drittstaaten,
– faire Asylverfahren statt Grenzverfahren unter Haftbedingungen,
– Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen beenden und ein solidarischesAufnahmesystem.
Dass eine andere Flüchtlingspolitik in Europa möglich ist, hat die Aufnahme der schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine gezeigt.
Zum Nachlesen
Der Evros ist der Grenzfluss zwischen der Türkei und Griechenland, der somit zugleich eine EU-Außengrenze markiert. Viele Geflüchtete versuchen, den Fluss auf der Suche nach Sicherheit und mit dem Wunsch, in Europa einen Asylantrag zu stellen, zu überqueren. Die Region um den Grenzfluss ist Schauplatz brutaler und gewaltvoller Pushbacks und illegaler Zurückweisungen in die Türkei – und zwar durch griechische Sicherheitskräfte!
Pushbacks sind völkerrechtswidrig, denn sie widersprechen der Genfer Flüchtlings-konvention: Kein asylsuchender Mensch darf einfach so in ein Land zurückgeschoben werden, in dem seine Sicherheit bedroht ist. Menschen werden dabei außerdem systematisch misshandelt, ausgeraubt und inhaftiert. Es ertrinken auch immer wieder Menschen, die gezwungen werden, den Fluss erneut in Richtung der türkischen Seite zu durchqueren. Durch die brutale Gewalt erleiden viele Menschen schwere Verletzungen, manche kommen zu Tode. Die Gewalt am Grenzfluss Evros ist gut dokumentiert, aber bleibt in den meisten Fällen ohne Konsequenzen für die Täter.
Zum Nachlesen
Pro Asyl: https://www.proasyl.de/news/ich-rief-verzweifelt-nach-hilfe-doch-die-antwort-waren-weitere-schlaege/ (Zugriff: 11.10.2023)
Tagesschau: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/pushback-griechenland-101.html (Zugriff: 11.10.2023)
Forensic Architecture: https://forensic-architecture.org/investigation/pushbacks-across-the-evros-meric-river-analysis-of-video-evidence (Zugriff: 11.10.2023)
Frankfurter Rundschau: https://www.fr.de/politik/der-hiobsbotschafter-vom-evros-tuerkei-griechenland-pavlos-pavlidis-flucht-eu-aussengrenze-91881650.html (Zugriff: 11.10.2023)
NDR: https://www.ndr.de/nachrichten/info/Flucht-Die-namenlosen-Toten-vom-Evros,audio1314680.html (Zugriff:11.10.2023)
Es ist eine wesentliche Strategie der europäischen Abschottungspolitik, Geflüchtete möglichst nah an den Außengrenzen festzuhalten. Ein politischer Aspekt, der das begünstigt, sind die sogenannten Dublin-Regeln. Sie besagen, dass jener Staat, in dem Geflüchtete erstmals registriert werden, für deren weiteres Asylverfahren zuständig ist. Griechenland als einer der Grenzstaaten ist für viele Geflüchtete zuständig. Viele von ihnen werden in menschenunwürdigen Camps auf den ägäischen Inseln festgehalten. Durch die Verschleppung von Verfahren und lange Verfahrensdauer sitzen Menschen zum Teil über Jahre auf den Inseln fest. Die Lager sind darüber hinaus vielfach auf wesentlich geringere Zahlen von Menschen und auf kurze Aufenthalte ausgelegt.
Ein besonders extremes Beispiel stellt das Lager Moria auf Lesbos dar. Es war für 2800 Menschen konzipiert worden, teilweise lebten dort aber bis zu 16 000 Menschen unter katastrophalen Zuständen. Nachdem Moria 2020 bei einem Großbrand zerstört worden war, versprach die EU „No More Morias“. Tatsächlich aber bestehen die Lagerstrukturen auf den ägäischen Inseln fort. Die Lebensumstände dort sind charakterisiert durch unzureichende Nahrungsversorgung, sehr schlechte medizinische Versorgung, katastrophale hygienische Zustände und eingeschränkte juristische Beratung. Eine besorgniserregende Entwicklung ist auch, dass es sich bei neu gebauten Camp-Strukturen (etwa auf der Insel Samos) um Hochsicherheitslager mit gefängnisartigen Zuständen handelt.
Die menschenunwürdigen Zustände in den Lagern sind gewollt und ein bewusstes Element der europäischen Abschottungs- und Abschreckungspolitik. Es handelt sich nicht um eine „humanitäre Katastrophe“, sondern um die Folgen gewollter politischer Entscheidungen. Inzwischen gibt es sogar Gerichtsurteile, die bestätigen, dass die Bedingungen in den Lagern gegen Menschenrechte verstoßen.
Zum Nachlesen
https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2021/Fluechtlinge-auf-Lesbos-Die-gewollte-Not,lesbos130.html
https://www.arte.tv/de/videos/095311-000-A/fluechtlingslager-auf-lesbos-die-hoelle-von-moria/
https://www.proasyl.de/news/unterwegs-an-europas-grenzen-griechenland/
https://www.sueddeutsche.de/politik/moria-brand-asylpolitik-1.5025791
Aktuell gibt es wenig Aufmerksamkeit für die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, aber weiterhin versuchen Menschen, die Grenze zu überqueren, und werden dabei unter Gewalt zurückgedrängt. Im Jahr 2021 begann Polen, an der Grenze zu Belarus einen 2,5 m hohen Zaun zu errichten. Es wurde entschieden, eine „solide Barriere mit Überwachungssystem und Bewegungsmeldern“ zu errichten. Der Bau des Grenzzauns erfolgte von Januar bis Juni 2022. (1)
Das Parlament Polens hat beschlossen, das Grundrecht auf Asyl einzuschränken. Grenzschützer können nach polnischem Recht selbst entscheiden, ob sie den Schutzsuchenden die Chance auf das Stellen eines Asylantrags gewähren. (2)
Im Winter 2022/23 wurden fliehende Menschen Opfer von Pushbacks und brutaler Gewalt bei Eiseskälte. (3) So wurden seit Mitte 2021 bis zu Beginn 2023 nach Angaben der polnischen Grenzbeamt*innen mehr als 50.000 Pushbacks nach Belarus durchgeführt. (4)
Immer wieder werden Menschen im Grenzstreifen vermisst oder tot aufgefunden. Fliehende Menschen werden mit brachialer Gewalt zurück in die Wälder gedrängt. (5)
Im Grenzgebiet zwischen Litauen und Belarus kommt es ebenfalls zu brutalen Pushbacks, fliehende Menschen erlitten Erfrierungen im Winter und verloren Zehen und Beine. Humanitäre Organisationen und Journalist*innen werden vom Betreten des Grenzgebiets abgehalten. Im Januar hat die litauische Regierung eine Regelung erlassen, welche Pushbacks als offizielle Vorgehensweise formalisiert. Das verstößt eindeutig gegen internationales Recht, da fliehenden Menschen ihr Recht, einen Asylantrag zu stellen, verwehrt wird. (6)
Zum Nachlesen
(1) Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Grenze_zwischen_Belarus_und_Polen, Zugriff: 13.02.2023
(2) Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Migrationskrise_an_der_Grenze_zwischen_Belarus_und_der_Europ%C3%A4ischen_Union#Polen/Belarus, Zugriff: 13.02.2023
(3) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/weitere-pushbacks-bei-eiseskaelte, Zugriff: 13.02.2023
(4) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/cn-tod-30-jaehrige-stirbt-im-polnisch-belarussischen-grenzgebiet-26-jaehriger-mohammed-seit-ueber-20-tagen-im-hungerstreik, Zugriff: 16.02.2023
(5) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/cn-tod-4-leichname-an-der-pol-bel-grenze-gefunden-menschen-vermisst, Zugriff: 13.02.2023
(6) https://taz.de/Fluechtlingspolitik-in-Litauen/!5927178/
Asylsuchende müssen sich in Deutschland in Lager der verschiedenen Bundesländer begeben, die als LEA bezeichnet werden. Sie werden dort erkennungsdienstlich behandelt, medizinisch untersucht und erhalten einen Termin für die Stellung des Asylantrags beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Es besteht Aufenthaltspflicht, die Geflüchteten dürfen den Ort der zugewiesenen LEA nicht verlassen. Viele Flüchtlinge werden auch noch in andere Bundesländer umverteilt. Die LEA haben typischen Charakteristika von Lagern: Isolierte Unterbringung in umzäunten und bewachten Gebäudekomplexen mit Kontrolle von Aus- und Eingang, meistens in sonst unbewohnten Randzonen der Städte, Aufenthaltspflicht, Gruppenverpflegung, Arbeitsverbot, kein Angebot von Deutschkursen.
"Die Unterbringung in diesen provisorischen Orten beeinträchtigt die Bewohner:innen in gravierender Weise. Das unfreiwillige Zusammenleben von Fremden, von denen nicht wenige unter Traumatisierungen leiden, auf beengtem Raum und für eine unbestimmte Dauer bedeutet für viele Menschen eine psychosoziale Belastung. Hinzu kommen fehlende Privatsphäre, Fremdbestimmung, Lärm und Unruhe sowie lange Phasen ohne Beschäftigung. Gemeinschaftsunterkünfte sind strukturell konfliktfördernd, sie erzeugen Isolation und Stigmatisierung." (Niedersächsischer Flüchtlingsrat, www.nds-fluerat.org)
Nach der Stellung des Asylantrags wartet in der Regel die nächste Lagerunterbringung auf die Flüchtlinge, die sogenannte "vorläufige Unterbringung" in verschiedenen Stadt- und Landkreisen, die bis zu 2 Jahren dauern soll. Danach werden Asylsuchende wieder zum Umzug in die "Anschlussunterbringung" in einzelne Kommunen gezwungen. Das jahrelange provisorische Leben ohne die Chance, jemals an einem Ort wirklich anzukommen, ist ein extremes Integrationshemmnis. Beispielsweise wird die Aufnahme von Kleinkindern in Kindertagesstätten durch die wiederholten Umzüge praktisch unmöglich gemacht und so wertvolle Zeit für pädagogische Arbeit und Deutscherwerb verloren. Die Isolation Gefüchteter in der gesonderten Lagerunterbringung begünstigt auch fremdenfeindliche Stimmungen und rassistische Übergriffe. Das Lagersystem wurde geschaffen und wird aufrechterhalten, um die Flucht nach Deutschland möglichst unattraktiv zu machen. Wie es anders gehen könnte, zeigt aktuell der Umgang mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die den Schikanen der Lagerunterbringung und des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht ausgesetzt sind. Sie dürfen Aufenthaltsort und Beschäftigung frei wählen.
Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt: Jedes Jahr werden über 1000 Menschen, die versucht haben über das Mittelmeer zu fliehen, als vermisst oder verstorben gemeldet. Im ersten Halbjahr 2023 sind bereits 1874 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer gestorben. Es gibt so gut wie keine sicheren Wege in die EU. Deshalb sind viele Menschen auf der Suche nach Sicherheit und Frieden gezwungen, die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer anzutreten, oft in seeuntüchtigen Booten. Obwohl es eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Rettung von in Seenot geratenen Menschen gibt, gibt es kein europäisches Seenotrettungsprogramm. Alle Aktivitäten dahingehend wurden eingestellt. Darüber hinaus wird die Arbeit privater Seenotrettungsorganisationen zunehmend erschwert und mitunter sogar kriminalisiert. Auch wenn es gelingt, Geflüchtete aus Seenot zu retten, weigern sich Mittelmeer-Anrainerstaaten immer wieder, die Schiffe in ihre Häfen einlaufen und Geflüchtete an Land gehen zu lassen – trotz zum Teil dramatischer humanitärer Situation an Bord.
Immer wieder werden Geflüchtete auf dem Mittelmeer Opfer sogenannter Pushbacks. Es gibt zahlreiche Berichte, dass Geflüchtete, die es bereits in küstennahe Gewässer oder sogar an die Küste geschafft hatten, zurück aufs offene Meer gedrängt oder geschleppt wurden, oft unter Einsatz brutaler Gewalt. Im zentralen Mittelmeer ist es zudem gängige Praxis, dass Flüchtlingsboote an die „libysche Küstenwache“ gemeldet werden, die diese dann nach Libyen zurückbringt. Dies widerspricht Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Zurückweisung von Geflüchteten in Gebiete untersagt, in denen deren Leben und Freiheit bedroht sind.
Häufig versuchen Geflüchtete über Tunesien und Libyen einen Weg an das Mittelmeer zu finden. Auch diese Länder sind keineswegs sicher: Zuletzt fanden im Juli in Tunesien Hetzjagden, Verhaftungen und Massenabschiebungen von Schwarzen Flüchtlingen und Migrant*innen statt. Hunderte Menschen wurden an der Grenze zu Libyen und Algerien in der Wüste ausgesetzt. Zeitgleich trieb die EU den Tunesien-Deal zur Migrationsabwehr voran und unterstützt die Tunesische Regierung nun mit knapp einer Milliarde Euro dabei, „irreguläre Migration“ über das Mittelmeer zu verhindern – damit unterstützt sie aber nicht nur das menschenrechtswidrige Handeln der tunesischen Regierung, sondern sorgt gleichzeitig dafür, dass es zunehmend weniger Fluchtwege für Menschen gibt und diese immer gefährlicher werden.
Zum Nachlesen
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/mittelmeer
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/griechenland-prozess-mardini-101.html
https://krautreporter.de/3886-die-todlichste-grenze-der-welt-verstandlich-erklart
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/mittelmeer-flucht-tote-100.html
https://www.proasyl.de/news/eu-tunesien-deal-ein-pakt-gegen-schutzsuchende/
Geflüchtete, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die deshalb "ausreisepflichtig" sind, können abgeschoben werden, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist selbst ausreisen. Die Bundesländer sind für Abschiebungen als Zwangsmaßnahme zuständig. Das Regierungspräsidium Karlsruhe entscheidet über die Durchführung von Abschiebungen im ihm zugewiesenen Bezirk.
Menschen, die von einer Abschiebung bedroht sind, leben oft mit einer enormen psychischen Belastung. Sie befinden sich in einem Zustand großer Unsicherheit, da sie jederzeit aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld, ihrer Schule, Ausbildungs- oder Arbeitsstelle gerissen werden können. Auch die Abschiebungen selbst sind oft traumatisch. In der Regel finden sie unter Beteiligung von Polizeikräften und häufig in der Nacht statt. Auch im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Karlsruhe wurde medial immer wieder über Abschiebungen von Familien berichtet, die großes Unverständnis und Widerstand, aber auch Solidarität im Umfeld der Betroffenen auslösten (siehe Quellen). Dass solche Fälle überhaupt bekannt werden, ist jedoch die Ausnahme. Abschiebungen sind eine alltägliche Praxis, die meist im Verborgenen stattfindet.
Mehr dazu siehe: Abschiebegefängnis Pforzheim.
Zum Nachlesen
Abschiebung afghanische Bundeswehr-Ortskraft verhindert - swr.de
Caritas Bruchsal wehrt sich gegen Ausweisung von nigerianischem Mitarbeiter (Video) - baden-tv.com
Trotz Erlass der BW-Landesregierung: Abschiebungen gehen weiter - swr.de
Abschiebung einer afghanischen Familie in Calw vorerst ausgesetzt – swr.de
https://fluechtlingsrat-bw.de/pressemitteilungen/mit-ausbildungsvertrag-in-der-abschiebehaft/