09.11.2022 · Pressemitteilung:Seebrücke kritisiert Menschenrechtsverletzungen der italienischen Regierung und fordert sichere Häfen für fliehende Menschen
Nach mehreren Tagen des ungewissen Ausharrens, durften in der Nacht vom 08. November sämtliche aus Seenot geretteten Menschen italienisches Festland betreten. Zuvor kam es zu einer einer wochenlangen Blockade der italienschen Häfen für die zivile Seenotrettung durch die neue faschistische Regierung unter Führung von Giorgia Meloni. Nach Protesten, u.a. durch die Crew der Humanity 1 und eines Hungerstreiks durch die an Bord verbleibenden Menschen, durften letztlich alle Schiffe in italienischen Häfen anlanden und die Menschen von Bord gehen.
In den vergangenen Tagen mussten über 1000 aus Seenot gerettete Menschen auf den Schiffen Humanity 1, Geo Barents, Rise Above und_Ocean Viking_ auf offener See ausharren. Die italienischen Behörden inszenierten diese Drangsalierung von fliehenden Menschen, um ihrer rassistischen Gesinnung einen ersten öffentlichen Ausdruck zu verleihen. Dabei verletzten sie bewusst die Grundsätze des Non-Refoulement und die Genfer Flüchtlingskonvention.
Die Seebrücke stellt sich gegen den neu erstarkenden Faschismus und solidarisiert sich mit den schutzsuchenden Menschen. Sie kritisiert weiter die Blockade der italienischen Häfen für die zivile Seenotrettung und die willkürliche Selektion von Menschen an Bord der Humanity 1 und der Geo Barents.
Simon Dornseifer von der Seebrücke:
"Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi zeigt schon kurz nach Amtsantritt mehr als deutlich seine faschistische Haltung. Dass er Menschen als "Restladung" bezeichnet, ist eine entmeschlichte Rethorik, die wir auf allen Ebenen verurteilen. Wenn es nicht ein schnelles und entschlossenes Zeichen der Solidarität und des Widerstandes aus der europäischen Zivilgesellschaft gibt, werden zukünftig noch mehr Menschen bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren sterben."
Leni Hintze von der Seebrücke weiter:
"Die Menschen auf der Humanity 1 sind sogar in den Hungerstreik getreten. Dies unterstreicht, wie dringend die Menschen einen Sicheren Hafen benötigten. Dass die EU es zulässt, fliehende Menschen wochenenlang auf dem offenen Meer ausharren zu lassen, ist ein Skandal. Die EU hat eine moralische und rechtliche Verpflichtung, Menschen aus Seenot zu retten und allen Menschen die verfolgt werden, Asyl zu gewährleisten. Wenn die italienische Regierung dem nicht nachkommt, ist es an der deutschenBundesregierung hier politische Konsequenzen zu ziehen. Die Bundesregierung darf sich nicht länger hinter leeren Worthülsen zur Unterstützung der zivilen Seenotrettung verstecken, sondern muss endlich direkt handeln und Menschen von den Rettungsschiffen schnell und unbürokratisch aufnehmen."
"In den vergangen vier Jahren haben sich alleine in Deutschland über 313 Kommunen zu Sicheren Häfen erklärt und ihre Bereitschaft signalisiert, Menschen auf der Flucht aufzunehmen. Dass diese freiwillige Aufnahme bis heute nicht möglich gemacht wurde, ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung. Die immer weiter eskalierende Situation an den europäischen Außengrenzen mit all den tödlichen Konsequenzen für fliehende Menschen hätte bereits vor Jahren durch eine freiwillige Aufnahme deutscher Kommunen entschärft werden können. Jetzt die Verantwortung nur bei der italienischen Regierung zu suchen, ist falsch und heuchlerisch.", betont Jan Behrends von der Seebrücke.
Die Seebrücke ist eine breite zivilgesellschaftliche und antirassistische Bewegung, die sich für die zivile Seenotrettung, für sichere Fluchtwege und für die Aufnahme und das Bleiberecht von geflüchteten Menschen in Deutschland und der Europäischen Union einsetzt.