09.06.2023 · Pressemitteilung:GEAS-Reform beschlossen – Seebrücke entsetzt über historischen Verrat an den Menschenrechten
Gestern haben die Innenminister*innen der EU die schärfsten Asylreformen seit Jahrzehnten beschlossen.
Entschieden wurde unter anderem die Aussetzung eines fairen und rechtsstaatlich abgesicherten Asylprozesses, die schnelle Abschiebung von Menschen, die aus den nicht näher beschriebenen sogenannten „sicheren Staaten“ kommen und die Inhaftierung von Menschen, auch von Familien mit Kindern. Europäische Länder müssen weiterhin keine Geflüchteten aufnehmen, sondern können sich durch Geldzahlungen davon frei kaufen.
In einem ersten Kommentar zu den Ergebnissen spricht Innenministerin Nancy Faeser von einem „historischen Erfolg für den Schutz von Menschenrechten“ und von „einer neuen solidarischen Migrationspolitik“.
Dazu Maria Sonnek von der Seebrücke: „Es macht uns fassungslos, dass die deutsche Innenministerin diese menschenfeindliche Reform des europäischen Asylsystems als historisch und solidarisch bezeichnet. Entgegen aller Warnungen, entgegen aller Expert*innenmeinungen, entgegen jeglicher Moral, stimmt Nancy Faeser für die massivsten Verschärfungen seit 30 Jahren. Die Folgen sind klar: Die Entmenschlichung an den europäischen Außengrenzen wird zur neuen Rechtsform Europas erklärt. Statt die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten, wird entschieden, Schutzsuchende noch vor der Europäischen Grenze aufzuhalten. Nancy Faeser, schämen Sie sich!“
Die Zäsur im Asylrecht wird bereits von den rechten und faschistischen Strömungen Europas gefeiert.
„Mit der gestrigen Entscheidung knickt die Bundesregierung den rechten und faschistischen Regierungen und Strömungen in Europa gegenüber ein und macht die Gewalt gegenüber Schutzsuchenden zum Teil des europäischen Wertesystems. Die Brandmauer gegen Rechts wurde von der bürgerlichen Politik regelrecht eingetreten. Menschenfeindliche, rassistische Politik bekommt dadurch einen rechtlichen Rahmen – gerade eine deutsche Innenministerin sollte die historischen Parallelen kennen. Das ist das vollständige Versagen der sogenannten Wertegemeinschaft Europa. Und mit ihr das Versagen der deutschen Politik.“, so Maria Sonnek weiter.
Seit Bekanntwerdung der deutschen Position zur Asylreform Ende April warnen Menschenrechtsorganisation, sowie Flüchtlingsräte, Jurist*innen und WIssenschaftler*innen unermüdlich vor den Auswirkungen eben jener Reformen.
„Wir fordern alle aufrechten Demokrat*innen und Kämpfer*innen für ein solidarisches Europa auf, gegen den Rassismus der Politik zu kämpfen! Gestern war ein niederschmetternder Tag für die Menschenrechte, heute beginnt der Widerstand. Unsere Solidarität muss praktisch werden! Stein für Stein werden wir die Festung Europa zum Einsturz bringen. Frau Faeser, das ist ein Versprechen!“, verkündet Jan Behrends von der Seebrücke nachdrücklich.
Die Seebrücke ist eine breite zivilgesellschaftliche und antirassistische Bewegung, die sich für Seenotrettung, für sichere Fluchtwege und für die dauerhafte Aufnahme von geflüchteten Menschen in Deutschland einsetzt.