2018 vereinbarten Deutschland und Griechenland ein Abkommen ("Seehofer-Deal"), bei dem Geflüchtete, die bereits in Griechenland Asyl beantragt hatten, an der Grenze zurückgewiesen und innerhalb von 48 Stunden nach Griechenland gebracht werden sollten. Deutschland argumentierte mit Paragraf 18 des Asylgesetzes: Demnach dürften Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie über ein „sicheres Drittland“ kommen oder wenn ein anderes europäisches Land für ihr Asylverfahren zuständig ist. Dies entspricht jedoch nicht EU-Recht und internationalem Recht.

Doch genau das passierte dem Syrer H.T., als er 2018 nach Deutschland kam: Er wurde festgenommen und am selben Tag nach Griechenland zurückgebracht. Er hatte weder Zugang zu einem Asylverfahren noch die Möglichkeit, in Deutschland Rechtsschutz gegen die Zurückweisung zu beantragen. In Griechenland wurde er umgehend zum Zwecke einer Abschiebung in die Türkei inhaftiert.

In seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 stellt der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) klar: Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen sind unrechtmässig.

Deutschland wurde vom EGMR unter anderem für eine Verletzung der Verpflichtungen aus Artikel 3 EMRK, dem Verbot der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung, verurteilt. Dem Antragsteller wurden falsche Informationen über das Zielland und die rechtliche Grundlage der Zurückweisung gegeben, ihm wurde nicht erklärt, wie er rechtlich gegen sie vorgehen kann und er hatte keinen Zugang zu anwaltlicher Beratung und Sprachmittlung. Vor allem hätte Deutschland prüfen müssen, ob H.T. in Griechenland Zugang zu einem Asylverfahren haben würde und dass er dort keinen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würde. Tatsächlich galten die Haftbedingungen in Griechenland dann als unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Wir fordern ein Ende der Zurückweisungen an den Grenzen. Der Zugang zu einem fairen Asylverfahren muss garantiert sein! Menschenrechte sind unverhandelbar!