14.09.2023 · Pressemitteilung:Baby stirbt auf Lampedusa – Deutschland setzt derweil Aufnahme aus Italien aus
Seit Wochen spitzt sich die humanitäre Lage schutzsuchender Menschen auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa immer weiter zu. So sind innerhalb der letzten zwei Tage mehr als 100 Boote mit über 5000 schutzsuchenden Menschen angekommen. Die Erstaufnahmeeinrichtung ist nur für 400 Menschen ausgelegt. In den Morgenstunden des 13. September ertrank ein fünf Monate altes Baby während einer Anlandung.
Dazu Jan Behrends von der Seebrücke: „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen dieses schrecklichen Mordes. Unsere Wut gilt den europäischen Staaten, die die Abschottung vorantreiben und damit diesen Tod erst bedingen. Die faschistische Regierung Italiens führt regelrecht Krieg gegen flüchtende Menschen. Tausende Tote sind die Folge dieser menschenverachtenden Politik. EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen redet derweil von Einheit und Frieden. Wir müssen uns fragen: Frieden für wen, Frau von der Leyen?“
Währenddessen stoppt die deutsche Bundesregierung im Rahmen des „freiwilligen Solidaritätsmechanismus“ die Aufnahme von Schutzsuchenden aus Italien.
Italien halte sich laut deutscher Seite seit Monaten nicht an das Dublin-Abkommen. Demnach wäre Italien verpflichtet, in Deutschland lebende Schutzsuchende aufzunehmen, die erstmalig in Italien einen Asylantrag gestellt haben. Frankreich verstärkt indes die Grenzkontrollen an der italienischen Grenze enorm.
„Die Bundesregierung muss sofort die Aufnahme von schutzsuchenden Menschen zulassen. Es darf nicht sein, dass abermals Schutzsuchende die Opfer der politischen und moralischen Unfähigkeit der europäischen Regierungen werden. 3500 Menschen wurde die Aufnahme in Deutschland bereits zugesagt. Sie warten verzweifelt darauf, der humanitären Hölle zu entkommen. Wir fordern die Bundesregierung darüber hinaus auf, alle Abschiebungen – insbesondere Dublin-Abschiebungen nach Italien – zu stoppen und die humanitäre Versorgung in Deutschland sicherzustellen. Über 320 Kommunen in Deutschland sind bereit, Menschen dauerhaft aufzunehmen. Frau Faeser muss endlich den Weg für Aufnahme und sicheres Bleiben frei machen.“, fordert Maria Sonnek von der Seebrücke
„Wir erleben ein Trauerspiel kaum messbaren Ausmaßes. Deutschland setzt die Aufnahme aus und schiebt fleißig ab, Frankreich baut Grenzkontrollen aus, halb Europa baut Stacheldrahtzäune noch und nöcher, Griechenland führt illegale Pushbacks durch oder lässt Menschen direkt in der Ägäis ertrinken und alle klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, während auf Lampedusa Babys ertrinken. Europa tötet jeden verdammten Tag Menschen!“, ergänzt Jan Behrends nachdrücklich.
Die Seebrücke ist eine breite zivilgesellschaftliche und antirassistische Bewegung, die sich für Bewegungsfreiheit, Seenotrettung, für sichere Fluchtwege und für die Aufnahme und das dauerhafte Bleiben von geflüchteten Menschen in Deutschland einsetzt.